Für ein Verständnis der Ursachen eines Sehnenschadens und den dazugehörigen Unfallmechanismen, behandelt dieser Beitrag die Anatomie und die Physiologie der Sehne. Damit wird ein besseres Verständnis für Unfallmechanismen geschaffen.
Oberflächliche Beugesehne
Die oberflächliche Beugesehne gehört zum M. flexor digitorum superficialis und beginnt am hinteren, inneren Teil des Ellenbogens an der Vorhand und für die Hinterhand an der Rückseite etwas oberhalb des Kniegelenks. Die Sehne endet am Fessel- und Kronbein. Damit kann das Pferd das Karpal-, das Fessel- und Krongelenk beugen. An der Hinterhand streckt sich das Sprunggelenk.
Tiefe Beugesehne
Sowohl an der Vorhand, als auch der Hinterhand besteht der M. flexor digitorum profundus aus drei bestandteilen. Vereinfacht beginnt der Muskel an der Vorhand direkt auf der Rückseite des Ellenbogens und endet an den Sesambeinen, Huf- und Kronbein. An der Hinterhand beginnt de drei Muskelteilel mit seiner Ursprungssehne am oberen Teil des Schienbeins ( Tibia) und endet wie an der Vorhand.
Beide Muskel können damit das Karpal-, das Fessel- und Krongelenk beugen. Auch hier streckt sich das Sprunggelenk wieder.
Ursachen für einen Sehnenschaden beim Pferd
Die Anatomie sitzt nun. Was sind die Ursachen für einen Sehnenschaden oder Abriss? Das offensichtlichste ist ein Trauma bei dem das Pferd bspw. im Zaun mit einem Bein hängen bleibt und sich damit selbst die Sehne oder Sehnen durchschneidet. In diesem Fall ist es vollkommen egal, ob eine Vorschädigung vorhanden war oder nicht. Da geht die Sehne definitiv kaputt.
Viel schwieriger wird es wenn das Pferd vermeintlich gesund war. In einem anderen Artikel haben wir dir die Risikofaktoren für eine Sehnenproblematik aufgelistet und erklärt.
mechanische Überlastung als Ursachen für den Sehnenschaden
Ich werde hier Parallelen zum Humanbereich ziehen müssen, da ich für die Pferdesehne keine entsprechende Studie gefunden habe. Der Aufbau, die Funktion und die Festigkeit sind dabei allerdings ähnlich bis identisch.
Die Sehne hat ein wellenförmiges Muster, dass sich bei einer Dehnung strafft. Damit absorbiert sie sehr schnelle Muskelanspannungen. In einer Studie hat man geschätzt, dass eine Längenzunahme der Sehne von 1-3% absolut physiologisch ist. Bei einem solchen Dehnreiz kann sie ihre ursprüngliche Form wieder annehmen. Wird der Wert von 4% überschritten kann sich die Wellenform nicht wieder vollständig zurückbilden.
Wird dieser Prozess mehrere Male in kürzerer Zeit wiederholt ( z.B. Springen, ohne das Pferd lange auf diese Belastung vorzubereiten) kommt es zu Mikrotraumata, d.h. kleine Fasern der Sehne reißen. Wird das Spiel auf die Spitze getrieben, reicht eine Dehnung von 8% um eine Sehne komplett zu zerreißen.
Sind nun Mikrotraumata gesetzt, beginnt ein oftmals unbemerktes Entzündungsgeschehen. Dabei fängt der Körper an die Sehne umzubauen. Je nachdem wie dabei weiter trainiert wird, passt der Körper die Sehne zum Schlechteren an. Die gerissenen Fasern, werden vom Immunsystem abgebaut und durch einen anderes, weniger reißfestes Material ersetzt. Sollte die Belastung weiter anhalten, kann es geschehen, dass sich Nekrosen ( abgestorbenes Gewebe) in der Sehne entwickeln. Diese sind absolut nicht mehr belastbar und eine extreme Gefahr der Ruptur besteht. Bei einer vermehrten Druckbelastung reagiert der Körper mit einer Zunahme an Faserknorpel, wie wir sie z.B. in Bandscheiben vorfinden.
Ein leichte Wiederholungen von Dehnungen für die Sehne können helfen, die Entzündung zu verringern. Eine langfristige Immobilität führt zur Abnahme der Sehnenfestigkeit. Damit ist bei einer geschädigten Sehne wochenlanger Boxenstopp nicht das Mittel der Wahl. Für die anfängliche Entzündungsphase bei einem akuten, offensichtlichen ( Bein ist warm, geschwollen und Pferd ist lahm) Sehnenschaden aber leider unerlässlich.
Altersabhängige Degeneration
Ein weitere nicht aufzuhaltende Ursache ist das Altern. In die Jahre gekommene Pferde neigen schlicht zu degenerativen Prozessen, so auch in den Sehnen. Da hilft ein angemessener Trainingsplan, um dem Körper immer wieder Reize zu geben, nicht abzubauen.
Zusammenfassung
Die Sehnen kann man auf maximale Spannung durch einen Dehnreiz bekommen. An der Vorhand ist das eine Streckung des Karpal-, Fessel- und Krongelenks und an der Hinterhand eine Beugung des Sprunggelenks mit gleichzeitiger Streckung des Fessel-, und Krongelenks. Sprich, eine Dehnung erfolgt entgegen der Bewegungsrichtung des Muskels. Dabei muss sich allerdings nicht jedes Gelenk mit dehnen. Nun ist eine einfach von uns ausgeführte Dehnung nicht die Ursachen dafür, dass ein Sehnenschaden entsteht. Wir erinnern uns, dass es dafür über 4% Prozent der Dehnung mit häufiger Wiederholung benötigt. Dies geschieht, wenn sich immer wieder ein Vielfaches an Körpergewicht auf die Sehne stützt. z.B beim Springen können das 250% des eigenen Gewichts sein, die die Tiefe Beugesehne aushält. Da wünscht sich das Pferd sicher einen fitten, athletischen Reiter und Körper, damit viele Sprünge nicht zur nächsten Tierarztrechnung werden.
Weiter gibt es natürlich auch Pferde die kein hohes Trainingspensum haben und trotzdem Gefahr laufen, sich einen Sehnenschaden zuzufügen. Dies kann auf der Weide passieren und der erste unbemerkte Schaden ist ein Tritt ins Mauseloch. Ab da kann eine Abwärtsspirale bis hin zum Sehnenschaden beginnen.
Leider haben wir nicht jeden Unfallmechanismus in der Hand, aber Risikofaktoren können minimiert werden und ein sinnvolles Training dem Pferdekörper, mit seinen Ressourcen und einer guten Zielsetzung angepasst werden.
Quellen
https://www.tierspital.uzh.ch/de/Pferde/pferdechirurgie/Dienstleistungen/1-Sehnenverletzungen.html